Mitwirkungsbericht zum Meinen-Areal

  1. Generell
     
    Es ist zu begrüssen, dass eine Mitwirkung stattfindet und das Areal eine gemischte Nutzung mit Gewerbe im Erdgeschoss und Wohnungen in den oberen Geschossen erhalten soll. Auch dass ein Grossverteiler für die tägliche Versorgung im Quartier angesiedelt werden soll, ist zu begrüssen, wobei das Meinen Areal in unmittelbarer Nähe bereits heute über ein Coop sowie einen Denner verfügt. Ziehen die anderen Grossverteiler nicht aus, dann wird dieser Bereich der Stadt extrem gut versorgt sein.
    In der Überbauungsordnung wird ausgeführt, das vorliegende Projekt ermögliche urbanes Wohnen an bestens erschlossener Lage. Das mag sein, wobei hier die Stadt der voranschreitenden Gentrifizierung Vorschub leistet. Inwiefern das in Zukunft eine nachhaltige Wohnpolitik darstellt, stellen wir in Frage. Die Gentrifizierung wird trotz Schaffung von preisgünstigem Wohnraum voranschreiten.
     
    Eine verpasste Chance stellt in unseren Augen der Nichteinbezug des Perimeters Loryplatz sowie Florapark. Es wäre wünschenswert, wenn hier eine ganzheitliche Sicht eingenommen würde.
     
    Mit der neuen Überbauung wird aus einer stadtplanerischen Sicht ein neues Quartierzentrum geschaffen, aber dieser Anspruch hat auch der Loryplatz. Diese Gesamtsicht fehlt uns im vorliegenden Projekt, obwohl dies auf Seite 53 explizit festgehalten wird.
     
    Schade ist zudem, dass die geplante Überbauung keinen mutigen architektonischen Ansprüchen entspricht. Das ausgewählte Projekt ähnelt in vielen Gesichtspunkten vielen bereits realisierten Projekten und wird mit grosser Wahrscheinlichkeit keinen internationalen Architekturpreis gewinnen und auch keine Architekturinteressierten anziehen. Einmal mehr hat man den Eindruck von 0815-Bauten (siehe Bild auf der ersten Seite der Dokumentation Ueberbauungsordnung). Ob Westside, Schönberg Ost oder das soeben vorgestellte Wettbewerbssiegerprojekte im Vierer/Mittelfeld, immer eine ähnliche Architektur, welche sich vor allem durch den Aussenbereich unterscheidet. Warum in Art. 8 der Ueberbauungsvorschriften nur Flachdächer erlaubt sind, ist nirgends begründet.
     
    Einmal mehr wir das STEK devot als Grundlage herangezogen, wobei dieses Dokument hauptsächlich eine links-grüne Agenda ist, die zwar behördenverbindlich, aber nicht demokratisch abgesegnet wurde. Dem STEK fehlt folglich die juristische wie die demokratische Legitimation.
     
     
  2. Spezifisch
     
    Erschliessung/Verkehr
    Es stimmt, dass das Areal zumindest aktuell verkehrstechnisch gut erschlossen ist und zwar sowohl für den Langsamverkehr, den MIV wie auch den öffentlichen Verkehr. Wie lange das noch so bleibt, ist insbesondere für den MIV fraglich. Es wäre wünschenswert, wenn die Anbindung an den Autobahnzubringer Neufeld/Forsthaus nicht behindert oder erschwert würde. Gemäss dem STEK sollen die angrenzenden Haupt-Verkehrsachsen bestehen bleiben.
     
    Sowohl die Brunnmattstrasse, wie insbesondere auch die Schwarztorstrasse werden von verschiedenen Verkehrsteilnehmergruppen intensiv befahren. Diese beiden Verkehrsachsen bilden daher aus raumplantechnischer Seite eine Barriere.
    Der Betrachtungsperimeter der Vorlage beinhaltet zwei voneinander getrennte raumplanerische Einheiten.
    Die Platzgestaltung der Kreuzung Schwarztorstrasse, Brunnmattstrasse wird weiterhin mit einem Schwerpunkt auf dem Verkehr gestaltet werden müssen. Eine beruhigte Situation ähnlich einer Fussgängerzone, wie sie in der Abbildung 18 dargestellt ist und im Kapital 03.3 beschrieben, widerspricht den übergeordneten Rahmenbedingungen für den Verkehr.
     
    Die Ueberbauung an sich bildet mit den flächigen Fassaden gegen die Strassen einen Abschluss. Es ist keine Durchlässigkeit für die Quartierbewohner der Nachbarschaft gegeben. Aufgrund der Lage und der intensiven Befahrung der Strassen ist dieses Prinzip hier sinnvoll. Es schützt die Bewohner des Neubaus vor dem Verkehr. Es widerspricht aber der Darstellung im vorliegenden Dossier von einer offenen und durchlässigen Struktur für die Oeffentlichkeit.
     
    Nutzungszonen
    Die grundsätzlichen Nutzungszonen sind nachvollziehbar.
     
    Höhe
    Es ist bedauerlich, dass keine höheren Bauten als maximal unter 30 m gebaut werden dürfen. Das Gebiet ist weit von der Altstadt = Perimeter Weltkulturerbe entfernt und hier könnte man der im STEK enthaltenen Verdichtung Rechnung tragen, indem die Höhenkoten höher definiert werden respektive nicht gleich weggelassen werden. Eine Begründung, weshalb auf eine Höhenkote von unter 30m festgehalten wird, fehlt. Es wird eine Chance verpasst, die gemäss STEK vorgesehenen hohen Bauten an einer geeigneten Lage umzusetzen.
     
    Flachdächer
    Warum nur Flachdächer? Für Sonnenkollektoren etc. eignen sich Flachdächer nicht. Mit dem Energieziel des Gemeinderates sind solche Einschränkungen nicht realisierbar.
     
     
     
     
    Bauweise
    Im vorliegenden Konzept sind die folgenden Punkte noch zu bereinigen, respektive zu hinterfragen:
    Die Vorgaben zur der Fassadengestaltung (Materialisierung, Fenstergrössen, Fassadenrücksprung) bedingen relativ teure Bauweisen. Die Kosten dafür werden die Mieter tragen müssen. Das widerspricht dem Ziel, für die Bewohner mit tiefen Einkommen zahlbare Wohnungen anbieten zu können.
    Die Unterlagen schreiben vor, die Untergeschosse müssten bestehen bleiben. Die projektieren Gebäude bedingen gemäss einer Ueberschlagsrechnung massivere Fundamente als diejenigen im Bestand. Ein Ersatz des Fundamentgeschosses wäre daher voraussichtlich günstiger als eine zusätzliche, aufwändige Sicherung und Sanierung des Bestandes. Gemäss dem Kapital 03.5 ist das mit einer kompetenten Fachplanung möglich. (Anmerkung: wir gehen davon aus, dass die Arbeiten ausschliesslich an kompetente Planer vergeben werden)
    Minergielabel: Erfahrungsgemäss sind Massnahmen zu Nachhaltigkeit sinnvoller und effektiver, wenn sie spezifisch für ein Projekt geplant werden, als wenn ein standardisiertes Label angewandt wird. Wir empfehlen, so vorzugehen, wie es oft heute in der Privatwirtschaft gemacht wird: Anwendung der im Projekt sinnvollen Massnahmen, aber Verzicht auf die teure und heute nicht mehr bedeutsame Zertifizierung.
     
    Familienwohnungen
    Es wird immer wieder betont, es gebe zu wenige grosse Familienwohnungen in der Stadt Bern. 10 – bis 30 % im Meinen-Areal sind zu wenig. Der Verweis auf Art. 44 BauV genügt nicht.
    Art. 45 Abs. 3 BauV lautet „Die Baubewilligungsbehörde kann …. Mindestfläche angemessen herabsetzen…. aufgrund besonderer Umstände unverhältnismässig wäre.“ In der Nähe ist z.B. der Florapark und auch ein, zwei Spielplätze zu finden.
    Das Marzili etc. sind in einer Stadt der kurzen Wege mit dem Fahrrad innert kürzester Zeit erreichbar. Hier wäre sicherlich eine Ausnahmebewilligung möglich.
     
    Mass der Nutzung
    Das maximale Nutzungsmass ist höher anzusetzen. Verdichtung ist das Mass der Stunde und somit genügen 18‘413 m2 GFo nicht mehr, wenn die Höhenkote wegfällt.
     
    Anzahl Abstellplätze/Parkplätze
    Da mit Ausnahme von zwei, drei Behindertenparkplätzen alle übrigen Abstellplätze für Motorfahrzeuge unterirdisch resp. gebäudeintern bestehen werden, ist nicht nachvollziehbar, warum die Anzahl in den Ueberbauungsvorschriften mit einer fixen Maximalzahl beschränkt werden muss. Art. 50 der BauV spricht von einer Bandbreite. Art. 51 spricht von 0,5 bis 2 Abstellplätzen pro Wohnung.
    Es wäre sinnvoll, wenn der Grossverteiler ebenfalls Parkplätze in der Einstellhalle nutzen könnte. Aus dem Erläuterungsbericht geht das nicht klar hervor.
     
    Warenumschlag (Seite 46, Erläuterungen zum Art. 12 bis 13)
    Der Erläuterungsbericht führt aus, dass der Warenumschlag nur im Gebäude bei geschlossenen Toren erfolgen darf. Einerseits propagiert man hier das urbane Wohnen andererseits erwartet man Ruhe wie auf dem Land. Diese Vorschrift erachtet die FDP als gewerbefeindlich und an dieser Lage als nicht opportun. Es handelt sich um ein Quartier mit gemischter Nutzung, was auch ihren Reiz hat und dazu gehört auch entsprechender Stadtlärm.
     
    Stadtklima-Massnahmen
    Die Beispiele im Erläuterungsbericht sind eher unbeholfen. Wir verweisen hierzu auf den „bosco verticale“ in Mailand als Vorzeigemodell für heutige Stadtklima-Massnahmen.
     
    Preisgünstiger Wohnraum
    Art. 17 Abs 1 letzter Satz ist zu streichen. Wenn schon die noch nicht rechtskräftige Auflage für 1/3 gemeinnütziger Wohnungsbau in der Ueberbauungsordnung festgehalten ist, sollte es dem Investor – das ganze Areal gehört ja einer PK – freigestellt sein, wo und wann er diese Kostenmieten-Wohnung erstellt. 
      
    Fragen/Unklarheiten
    In C3.1 (Seite 64) wird erwähnt, die wirtschaftliche Tragfähigkeit sei mit Stand 1.9.2018 aus Sicht der Privaten nicht gegeben. Wie ist diese Bemerkung zu verstehen?
     
    Transitec, Mobilitätskonzept, Seite 10: Die Fachleute führen aus, eine reduzierte Anzahl Parkplätze könne gut "funktionieren". Als Beweis werden Planung aufgeführt, die noch gar nicht realisiert wurden (bspw. Gaswerkareal). Das ist eine komische Art etwas zu begründen und diese Beispiele belegen daher nicht, dass das Vorgehen auch wirklich funktionieren wird.