Der Bericht des Finanzinspektorats wurde vor über sieben Monaten, am 16.6.2008, fertig gestellt. Jetzt hat ihn der Gemeinderat (nach einem Intermezzo über Frau Mader, das sachlich null Erkenntnisse geliefert hat, ausser Zeitgewinn) endlich freigegeben. Er fällt für den Sozial-dienst niederschmetternd aus. Und er bestätigt die Erkenntnisse aus dem Bericht des parla-mentarischen Ausschusses, der unabhängig von jenem am 20.6. 2008 fertig gestellt wurde.
Wir erinnern uns: Den Bericht des parlamentarischen Ausschusses Sozialhilfe unter der Lei-tung von FDP-Stadtrat Philippe Müller versuchte die linke Kommissions-Mehrheit vergeblich, unter Verschluss zu halten. Die Kritik am Bericht von linker Seite war gross. Der Gemeinderat erstellte gar eine Art „Gegenbericht“, der nachweislich Unwahres enthielt. Der Gemeinderat wies den Ausschussbericht vehement zurück – offensichtlich im Wissen um den Bericht des Finanzinspektorats und somit wider besseres Wissen.
Die Kritik des Finanzinspektorats ist nämlich massiv: Nicht weniger als 38 Empfehlungen werden abgegeben. Insbesondere verlangt das Finanzinspektorat:
- wiederholt, es sei viel konsequenter zu sanktionieren (wie Bericht parl. Ausschuss)
Anpassungen bei der Auszahlung von situationsbedingten Leistungen, Integrationszulagen etc (wie Bericht parl. Ausschuss)
- die Einholung einer Generalvollmacht zur Überprüfung der Angaben (wie Bericht parl. Ausschuss)
- die Einsetzung eines Vertrauensarztes (wie Bericht parl. Ausschuss)
- die bessere Überprüfung allfälliger Nebenbeschäftigungen (wie Bericht parl. Ausschuss)
- klare Weisungen bei Sanktionen und Missbrauch (wie Bericht parl. Ausschuss)
- die Einsetzung von Spezialisten (wie Bericht parl. Ausschuss)
- plus viele weitere Punkte (Dossierführung etc), die wirklich zu denken geben müssen.
Dies bei Sozialausgaben (ohne interne Kosten) von rund 100 Millionen Franken pro Jahr!
Doch plötzlich findet man diese Kritik „berechtigt“, die man bis vor kurzem noch vehement zu-rückgewiesen hat? Das ist nicht glaubwürdig. Damit soll nur versucht werden, die Kritiker endlich ruhig zu stellen. Noch vor zwei Jahren hat Frau Olibet jegliche Kritik von sich gewie-sen. Wer etwas verbessern wollte, wurde automatisch als „Sozialabbauer“ verunglimpft. Dem parlamentarischen Ausschuss wurde nicht einmal Dossiereinsicht gewährt.
Und jetzt auf einmal sei die Kritik „berechtigt“ gewesen, aber – wie immer bei Frau Olibet – seien die Probleme „erkannt“ und die Lösungen natürlich bereits „umgesetzt“. Nur: Die „Mass-nahmen“ von Frau Olibet wurden bereits im Februar 2008, also vor 11 Monaten vorgeschlagen, die zwei kritischen Berichte sind aber erst sieben Monate alt – wie geht das?
Und wie geht das, wenn man Kritikpunkte im ersten Bericht zurückweist, im zweiten Bericht (der den ersten auf weite Strecken bestätigt) auf einmal als „berechtigt“ erklärt? Vor allem, wenn man den zweiten Bericht damals auch schon zur Hand hatte?
Und vor allem: Wie ist es möglich, einem Sozialamt als Direktorin vorzustehen und man dau-ernd Massnahmen umsetzen muss, die man innerlich klar ablehnt und sie nur umsetzt, weil man muss - und man es nicht tut, wenn man nicht muss? (Das zeigen auch die Zahlen betref-fend Strafanzeigen: jetzt, wo man muss, wurden sie in nur zwei Jahren verdreifacht - das Ver-halten der möglichen Täter hat sich wohl kaum derart gewandelt.)
Und man fragt sich, wie lange eine Regierungsmehrheit offensichtliche „Spielchen“ betreiben kann, wie die Einschaltung einer Regierungsstatthalterin, aus der eigenen Partei, die etwas „plausibilisieren“ soll, wo es nichts zu „plausibilisieren“ gibt (die Empfehlungen des Finanz-inspektorats sind völlig klar), und deren Intervention denn auch keinerlei sachlichen Erkennt-nisse gebracht hat – ausser Zeitgewinn. Die Wahlen sind vorbei.
Es sind mehrere Vorstösse im Stadtrat hängig, die Forderungen der Berichte aufnehmen. Wahrscheinlich werden sie von Frau Olibet und somit vom Gemeinderat abgelehnt werden. Trotz der schönen Worte heute.
So dürfte kaum Ruhe einkehren im Sozialdienst der Stadt Bern.
29.01.2009
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