Nein zum hochroten Budget ohne Sparwille

An ihrer Mitgliederversammlung vom Montagabend, 25. Oktober 2021 hat die FDP Stadt Bern die Nein-Parole für das Budget 2022 beschlossen. Die Stadt Bern wird ihr Eigenkapital («Bilanzüberschuss») nächstes Jahr aufgebraucht haben und in ein hohes zweistelliges Millionendefizit rutschen. Damit wird sie dem Kanton gegenüber rechenschaftspflichtig. Die Nein-Parole zum Budget 2022 erfolgte einstimmig. Bezüglich der Teilrevision der städtischen Bauordnung zu den Zwischennutzungen beschloss die FDP Stadt Bern die Stimmfreigabe und bezüglich der Nutzung und Gestaltung der Laubengeschosse die Nein-Parole. Die Partei unterstützte die Überführung des Alters- und Pflegeheims Kühlewil in eine neue Trägerschaft mit der Ja-Parole und fasste zur Vorlage des Farbsack-Trennsystems die Nein-Parole.

Am Sonntag, 28. November wird dem Stadtberner Stimmvolk ein hochrotes Budget zur Abstimmung vorgelegt. Trotz neuer Abgaben, welche Bevölkerung und Gewerbe zusätzlich belasten, sieht das Budget 2022 ein Defizit von 51,8 Millionen Franken vor. Übersteigt das Defizit in den Folgejahren einen gewissen Schwellenwert oder hält es über drei Jahre lang an, droht die Festlegung des Budgets und der Steueranlage durch den Berner Regierungsrat. Mit anderen Worten: Die Stadt Bern läuft bald Gefahr, ihren finanziellen Handlungsspielraum zu verlieren. «Ursache des Defizits sind zu hohe Aufwände. Die Stadtberner Bevölkerung ist im Vergleich zu 2016 um 1% und die Steuereinnahmen der Stadt sind um 9% gewachsen. Im gleichen Zeitraum sind die Aufwände um 12% angestiegen. Folglich hat die Stadt Bern ein Ausgabe- und kein Einnahmenproblem.», argumentierte jf-Stadträtin Florence Schmid. Die Mitglieder der FDP Stadt Bern sehen das genauso. Sie haben einstimmig die Nein-Parole beschlossen.

Für die Teilrevision der städtischen Bauordnung im Zusammenhang mit Zwischennutzungen entstand während der Mitgliederversammlung der FDP Stadt Bern eine lebendige Diskussion. Für die Vorlage spricht eine möglichst unbürokratische Nutzung leerstehender Liegenschaften. Gegen die Vorlage spricht vor allem die lange Dauer dieser Zwischennutzungen von bis zu 10 Jahren. Bei der Parolenfassung wurden schlussendlich 14 Ja- und 14 Neinstimmen abgegeben und somit die Stimmfreigabe beschlossen.

Bezüglich der Teilrevision der städtischen Bauordnung im Zusammenhang mit der Nutzung und Gestaltung der Laubengeschosse betonte FDP-Stadträtin Ursula Stöckli, dass diese Vorlage zu einschränkend sei: «Auch ein Architekturbüro oder eine Werkstätte tragen zu einer lebendigen Altstadt bei.  Dies wäre in Zukunft nicht mehr möglich, weswegen wir diese Revision ablehnen». Die Mitgliederversammlung folgte dieser Argumentation mit 30 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung.

Kritische Voten gab es auch zur Vorlage des Farbsack-Trennsystems. Aus Sicht von FDP-Stadträtin Ursula Stöckli beansprucht dieses zu viel Platz, welcher anders benötigt werden könnte, z.B. für einen Velo-Unterstand. «Wir anerkennen, dass die Einführung der Container-Pflicht eine körperliche Entlastung für das Personal mit sich bringen würde. Mit den zwei neuen zusätzlichen Containern pro Haus wird es in Teilen der Stadt zu einer Container-Wüste kommen», so Stöckli. Zwar werde das Aufstellen der Container als freiwillig bezeichnet, durch die anfallende Gebühr, welche bezahlt werden muss, wenn kein Container aufgestellt werden kann, bestehe jedoch indirekt ein Zwang für die Vermieter. Die Mitgliederversammlung beschloss  grossmehrheitlich mit vier zu 23-Stimmen bei vier Enthaltungen die Nein-Parole.

Zur Überführung des Alters- und Pflegeheims Kühlewil in eine neue Trägerschaft fassten die Mitglieder der FDP Stadt Bern einstimmig die Ja-Parole. Um in Kühlewil ein längerfristiges, qualitativ hochstendes Angebot aufrecht erhalten zu können, muss das Heim Teil einer integrierten Versorgungsketten werden, wie Co-Fraktionspräsident Tom Berger ausführte. "Mit der Siloah AG konnte die optimale Partnerin für eine zukunftsträchtige Lösung gefunden werden".

An der Mitgliederversammlung der FDP Stadt Bern vom Montagabend war zudem Franziska Teuscher, Gemeinderätin und Direktorin für Bildung, Soziales und Sport und Jörg Moor, stellvertretender Leiter des Schulamtes zu Besuch. Mit ihnen wurde diskutiert, ob der Stadt Bern bald der Schulraum ausgehe. Diesbezügliche Herausforderungen seien Verzögerungen durch Einsprachen, Bauvorschriften oder Einschränkungen des Denkmalschutzes, so Teuscher. Es müssten entsprechend angepasste Lösungen gesucht werden und dabei alle betreffenden Akteure involviert werden. Das prognostizierte Wachstum der Schülerzahlen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten erfordert auch hohe finanzielle Investitionen, was aufgrund der aktuellen Stadtfinanzen eine besondere Problematik darstellt. Die Fraktion FDP/JF hat bereits mehrere Vorstösse im Stadtrat eingereicht, welche genügend Schulraum in allen Quartieren fordern. Für den Stadtberner Freisinn ist klar, dass es eine nachhaltige Finanzpolitik bedarf, damit es auch morgen noch genügend Geld für Schulraumprojekte haben wird.

 

 

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