Neue Kulturverträge: Mutloses Mittelmass

(17.08.2010)

 

 

FDP.die Liberalen sind enttäuscht vom Vorschlag der Regionalkonferenz Kultur (RK) zur Erneuerung der Subventionsverträge. Statt einen mutigen Neuanfang zu wagen und endlich Nägel mit Köpfen zu machen, wird am Bisherigen weitergewurstelt und primär der Besitzstand gewahrt. Nach den vollmundigen Ankündigungen von Regierungsrat Pulver und Stadtpräsident Tschäppät vor den Sommerferien kehrt nun offensichtlich Ernüchterung ein.

 

Gleich zu Beginn des Berichts erheben die Autoren den Anspruch, Schwerpunkte gesetzt und Verzicht geplant zu haben. Wo genau diese Schwerpunkte liegen sollen, bleibt aber in der Folge offen. Weiterhin sollen alle vier Sparten und alle drei Museen praktisch unverändert weitergeführt werden. Obwohl sowohl Projektleitung und vordergründig auch der Stadtpräsident vorgeschlagen haben, auf die Sparte Tanz zu verzichten, wird daran nun ohne weitere Begründung festgehalten.

 

Umso ausführlicher wird herausgestrichen, dass die Opfersymmetrie gewahrt wurde. Jede Institution hätte für sich selbst mehr Geld benötigt, um überhaupt die Qualität der vergangenen Jahre aufrecht zu erhalten. Die dafür nötigen Mittel erhält nun aber niemand. Weil dadurch ein Qualitätsabbau unvermeidbar wird, hat man elegant die bisherigen quantitativen Vorgaben durch weichspülerische „Controllinggespräche“ ersetzt und damit dem Messbaren entzogen. Dieses Vorgehen verletzt sträflich das FLAG-Prinzip (führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget) und kehrt zurück zur alten Verwaltungsführung vor dem New Public Management. Im Bereich der Museen, welche in Zukunft vom Kanton direkt gesteuert werden sollen, mag man diesem Vorgehen in der Not noch zustimmen. Beim Musik-Tanz-Theater-Orchester, nach wie vor Diener dreier Herren, ist damit das Desaster aber vorgespurt. Entweder wird die Leitung weiterhin allen Subventionsgebern auf der Nase herumtanzen oder sie geschickt gegeneinander ausspielen. Offenbar hat man aus dem Führungsversagen der letzten Jahre nicht viel gelernt.

 

Einziger Lichtblick im Papier der RK ist die Einsicht, dass dem Musik-Theater analog dem St.Galler-Modell eine betriebswirtschaftliche Führungskraft vorstehen soll. Mit der Besetzung dieses Postens steht und fällt die Hoffnung, dass in der neuen Institution die mediale Selbstzerfleischung rasch endet.

 

Das ist aber bereits das Ende der Fahnenstange. Zwei ganz zentrale Anliegen der stadtberner Bevölkerung sind nämlich trotz mehreren stadträtlichen Interventionen nicht in die Leistungsverträge aufgenommen worden:

 

1. Die Gebäudesanierung des Stadttheaters ist wieder nicht Gegenstand des Subventionsvertrages. Die Umlandgemeinden werden lediglich unverbindlich angefragt, ob Sie sich an den Kosten beteiligen möchten. Die Antwort ist leicht abzuschätzen und die Stadt Bern wird erneut die Zeche bezahlen müssen: Statt der effektiven Kosten (geschätzte 5 – 6 Mio. pro Jahr), werden der Stadt lediglich Fr. 2.7 Mio. Mieteinnahmen zugesprochen. Eine zusätzliche indirekte Subvention.

 

2. Der bisherige Kostenteiler zwischen Kanton, Gemeinden und der Stadt wird belassen wie er seit Jahren gilt (50%/11%/39%). Das führt zur völlig absurden Situation, dass jede Einwohnerin der Stadt Bern mit jährlich Fr. 158.- pro Kopf belastet wird, während Muri oder Bremgarten einen Beitrag von Fr. 28.80 pro Einwohnerin beisteuern (indirekte Mietsubvention noch nicht eingerechnet). Dies obwohl mittlerweile statistisch bewiesen wurde, dass gerade die Umlandgemeinden die Dienste des Musik-Theaters überdurchschnittlich beanspruchen.

 

Aus Sicht von FDP.die Liberalen ist dieser Entwurf deshalb eine weitere verpasste Chance, allerhöchstens ein Bekenntnis zum Mittelmass und ganz sicher ein miserables Verhandlungsergebnis für die Stadtberner. Unpopuläre Entscheidungen waren noch nie die Stärke des Stadtpräsidenten, der – zusammen mit der Kultursekretärin – im Vorstand der RK ein gewichtiges Wort hätten mitsprechen können. So er denn gewollt hätte.

 

 

Zu guter Letzt darf ein Punkt nicht unerwähnt bleiben: Gut versteckt auf Seite 12 im Bericht wird der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass das Stadttheater mit einer Altlast von Fr. 1.5 Mio. in die Kooperation startet. Das sind gut eine Million mehr als bisher bekannt, ein Verlust der offenbar in der Spielzeit 2009/2010 eingefahren wurde resp. in 2010/2011 eingefahren werden soll. Wenn das die neue Art der Stadttheater¬führung ist, schlechte Mitteilungen zu kommunizieren, haben wir nun definitiv den Tiefpunkt erreicht. FDP.die Liberalen fordern hier absolute Transparenz und unmittelbare Konsequenzen.

 

 

17.08.2010